Sakristei statt Ehrenhalle

Jesus sagt in der Bergpredigt:
Glückselig sind die, die Frieden stiften,
denn sie werden Kinder Gottes heißen.

(Matthäusevangelium Kapitel 5 Vers 9)

Die Sakristei der Trinitatiskirche ist ein geselliger Ort: Hier wird der Gottesdienst vorbereitet, Tee und Kaffee gekocht, Kekse verteilt. Die Tische der Brauthalle stehen direkt gegenüber. Durch die neuen Fenster kommt viel Licht.

Von 1931 bis 2021 befand sich in dem kleinen Raum im Eingangsbereich der Trinitatiskirche die „Ehrenhalle“ für über 400 Hilbersdorfer Männer, die im Ersten Weltkrieg gestorben sind. Der damalige Pfarrer Paul Rudolph verklärte ihren Kriegsdienst als hingebungsvollen Einsatz für die Größe Deutschlands. In einem Beitrag für die „Chemnitzer Neuesten Nachrichten“ 1930 erklärte der Pfarrer, „daß die Gemeinde Hilbersdorf in heißer Dankbarkeit derer gedenkt, die ihr Leben auf dem Altar des Vaterlandes opferten.“

Die Trinitatiskirchgemeinde Chemnitz-Hilbersdorf distanziert sich von den nationalistischen Überzeugungen, die in den Worten von Pfarrer Rudolph und in der Gestaltung der sogenannten „Ehrenhalle“ zum Ausdruck kommen. Die Kirchgemeinde steht für ein liebevolles und wertschätzendes Miteinander von Menschen aller Länder und Kulturen, Sprachen und Herkunft.

Die Trinitatiskirchgemeinde Chemnitz-Hilbersdorf hat sich deshalb schon in den 1950er Jahren entschieden, das sogenannte „Ehrenmal“ auf dem Trinitatisfriedhof umzugestalten und es neu mit der Aufschrift zu versehen: „Zu mahnendem Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“. 2020 wurde zudem entschieden, die sogenannte „Ehrenhalle“ im Zuge der Kirchensanierung denkmalgerecht einzulagern und den Raum für die neue Sakristei zur Verfügung zu stellen.

Die Erinnerung an die Weltkriege darf nicht losgelöst werden von der Erinnerung an die damit verbundenen Leiden und Verbrechen. Das Deutsche Reich hat mit dem Ersten Weltkrieg und mit dem Zweiten Weltkrieg unvorstellbares Leid über die Menschen in Europa und in der ganzen Welt gebracht. Auch Gemeindeglieder waren daran beteiligt. 1985 brachte es der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker auf den Punkt, als er sagte: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“

Wie kann ein angemessenes Erinnern an die Leiden und Verbrechen der zwei Weltkriege aussehen? Diese Frage stellt sich für jede Generation neu. Melden Sie sich gern, wenn Sie an diesem Thema weiterarbeiten möchten. In unserem Archiv finden sich verschiedene Unterlagen, die zur Auseinandersetzung einladen. Vorhanden ist beispielsweise eine Druckplatte aus den 1930er Jahren, die zeigt, dass die sogenannte „Ehrenhalle“ für nationalsozialistische Propaganda genutzt wurde.

Die Bildsprache der ehemaligen „Ehrenhalle“ hat den Kriegsdienst der Soldaten religiös überhöht. Das wird vor allem deutlich an den zwei Bleiglasfenstern. Die alten Fenster zeigten eine strahlende Sonne und im Mittelpunkt nicht etwa ein christliches Symbol, sondern Eisernes Kreuz, Stahlhelm, Dolch und Eichenlaub. Die Fenster wurden eingelagert und durch neue Fenster ersetzt. Die neuen Fenster geben den Blick frei zur viel genutzten Frankenberger Straße und zeigen in ihrer Mitte christliche Symbole: drei Kreise als Zeichen der heiligen Dreifaltigkeit unter dem Kreuz Jesu. Das andere Fenster ist ebenfalls lichtdurchlässig und zeigt in seiner Mitte ein „A“ und ein „O“ als Zeichen für Jesus, den Anfang und das Ziel des christlichen Lebens.

Als Männer kamen, um Jesus gefangen zu nehmen und abzuführen, sagten seine Jünger: „Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?“ Und einer von ihnen schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Da sprach Jesus: „Lasst ab! Nicht weiter!“ Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn. (Lukasevangelium Kapitel 22, Verse 49-51)

Neues Fenster in der Sakristei der Trinitatiskirche 2024

Neues Fenster in der Sakristei der Trinitatiskirche 2024
Altes Fenster der sogenannten „Ehrenhalle“ von 1931