Ehrenhalle?
Jesus sagt in der Bergpredigt:
Glückselig sind die, die Frieden stiften,
denn sie werden Kinder Gottes heißen.
(Matthäusevangelium Kapitel 5 Vers 9)
Krieg ist einer der großen Schrecken der Menschheit. Wo Krieg, da Gewalt und Tod, Hunger und Schmerz. Der Wunsch nach einem dauerhaften Frieden und der friedlichen Beilegung von Konflikten verbindet Menschen auf der ganzen Welt. Sie sagen: Friede sei mit dir! Schalom! Salam aleikum!
Von 1931 bis 2021 befand sich in einem kleinen Raum im Eingangsbereich der Trinitatiskirche Hilbersdorf eine „Kriegergedächtnis-Ehrenhalle“ für deutsche Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten und gestorben sind. An den Wänden waren über 400 Namen aufgeschrieben. Der Raum war nicht dafür da, um zum Frieden aufzurufen oder an das Leid zu erinnern, das deutsche Soldaten im Krieg verursacht hatten. Es ging darum, den Kriegsdienst der deutschen Soldaten als einen ehrenvollen Dienst darzustellen. Deshalb der Begriff „Kriegergedächtnis-Ehrenhalle“.
Der damalige Pfarrer Paul Rudolph verklärte den Kriegsdienst der deutschen Soldaten als hingebungsvollen Einsatz für Deutschland. In einem Beitrag für die „Chemnitzer Neuesten Nachrichten“ 1930 erklärte er, „daß die Gemeinde Hilbersdorf in heißer Dankbarkeit derer gedenkt, die ihr Leben auf dem Altar des Vaterlandes opferten.“ In dem Raum wurde auch eine Tafel zur Erinnerung an Soldaten aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 angebracht.
Die Trinitatiskirchgemeinde Chemnitz-Hilbersdorf distanziert sich von den nationalistischen und militaristischen Überzeugungen, die in den Worten von Pfarrer Rudolph und in der Gestaltung der sogenannten „Kriegergedächtnis-Ehrenhalle“ zum Ausdruck kommen. Die Kirchgemeinde steht für ein liebevolles und wertschätzendes Miteinander von Menschen aller Länder und Kulturen, Sprachen und Herkunft.
Die Trinitatiskirchgemeinde Chemnitz-Hilbersdorf hat sich deshalb schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden, das sogenannte „Ehrenmal“ auf dem Trinitatisfriedhof umzugestalten und es neu mit der Aufschrift zu versehen: „Zu mahnendem Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“.
Die „Kriegergedächtnis-Ehrenhalle“ im Eingangsbereich der Kirche verlor an Bedeutung. Nachdem der Ort über viele Jahrzehnte nicht mehr genutzt wurde, entschied die Kirchgemeinde im Zuge der Kirchensanierung 2020 die „Ehrenhalle“ denkmalgerecht einzulagern und den Raum für die neue Sakristei zur Verfügung zu stellen.
Heute ist die Sakristei der Trinitatiskirche ein geselliger Ort: Hier wird der Gottesdienst vorbereitet, Tee und Kaffee gekocht, Kekse verteilt. Die Tische der Brauthalle sind von hier gut zu erreichen, auch der Raum für den Kindergottesdienst. Durch die neuen Fenster kommt viel Licht.
Wie kann ein angemessenes Erinnern an die Leiden und Verbrechen der zwei Weltkriege aussehen? Diese Frage stellt sich für jede Generation neu. Melden Sie sich gern, wenn Sie an diesem Thema weiterarbeiten möchten. Die Landeskirche hat eine eigene Arbeitsstelle für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, die dabei unterstützen kann (https://weltverantwortung-evlks.de/). In unserem Archiv finden sich verschiedene Unterlagen, die zur Auseinandersetzung einladen. Vorhanden ist beispielsweise eine Druckplatte aus den 1930er Jahren, die zeigt, dass die sogenannte „Ehrenhalle“ für nationalsozialistische Propaganda genutzt wurde.
Die Erinnerung an die Weltkriege darf nicht losgelöst werden von der Erinnerung an die damit verbundenen Leiden und Verbrechen. Das Deutsche Reich hat mit dem Ersten Weltkrieg und mit dem Zweiten Weltkrieg unvorstellbares Leid über die Menschen in Europa und in der ganzen Welt gebracht. 1985 brachte es der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Richard von Weizsäcker, auf den Punkt, als er sagte: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren“ (Link zum Text).
Die Bildsprache der ehemaligen „Ehrenhalle“ hat den Kriegsdienst der Soldaten religiös überhöht. Das wird vor allem deutlich an den zwei Bleiglasfenstern. Die alten Fenster zeigten eine strahlende Sonne und im Mittelpunkt nicht etwa ein christliches Symbol, sondern Eisernes Kreuz, Stahlhelm, Dolch und Eichenlaub. Die Fenster wurden eingelagert und durch neue Fenster ersetzt. Die neuen Fenster geben den Blick frei zur viel befahrenen Frankenberger Straße und sie zeigen in ihrer Mitte nicht militärische, sondern christliche Symbole: drei verbundene Kreise als Zeichen der heiligen Dreifaltigkeit unter dem Kreuz Jesu; und ein Alpha und ein Omeaga als Zeichen für Jesus Christus, den Anfang und das Ziel des christlichen Lebens.


